Meinersens Etat „steuert Richtung Wand“

Gifhorner Rundschau vom 22.12.2019:

Die Samtgemeinde ergreift wegen ausufernder Betreuungskosten politische Initiativen.

Kinderbetreuung, Feuerschutz, generationengerechte Dörfer, Büros für die wachsende Verwaltung – die Samtgemeinde Meinersen muss 2020 viele Aufgaben gleichzeitig bewältigen. Der Rat gab am Donnerstagabend zahlreiche kostenträchtige Einzelobjekte frei. Gebündelt ist der Aufgabenkatalog im Etat 2020. Das 23,5-Millionen-Euro-Budget fand über die schwarz-grüne Mehrheit hinaus Zustimmung bei der Gruppe SPD-Linke und bei der AfD. Es sieht eine Neuverschuldung von fast vier Millionen Euro vor.

Formal gilt der Samtgemeindeetat als ausgeglichen. Das trifft auch auf die vier Mitgliedsgemeinden Hillerse, Leiferde, Meinersen und Müden zu, die nach Meinersener Selbstverständnis immer mitgedacht werden. Zugleich machten alle Redner deutlich, dass das erreichte Niveau der laufenden Kosten auf Dauer nicht zu stemmen ist. Die Kommunen zehren von endlichen Rücklagen und Baulandverkäufen, die noch drei, vier Jahre überbrücken.

Ratsherr Heinrich Beutner (CDU) sagte mit Blick auf die Kinderbetreuung, die allein die Hälfte der Samtgemeindeumlage verbraucht und sich absehbar von jetzt vier auf bald fünf Millionen Euro Zuschussbedarf entwickelt: „Wir fahren ein bisschen Richtung Wand“. Es bleibe nur die Hoffnung, dass das Land die abgeschafften Elternbeiträge für Kindergärten besser ausgleiche als nur für pauschal vier Stunden. Üblich sind längst Ganztagsplätze.

Zu den aufgelaufenen 20 Millionen Euro Baudarlehen sagte Beutner: „Gut, dass wir schon so viel gemacht haben.“ Bestehende Projekte im Wert von 30 Millionen würde zu heutigen Preisen eher 45 Millionen Euro kosten. Unter dieser Kostenexplosion leidet aktuell der Neubau der Friedhofskapelle Flettmar. Für das Generationen-Kompetenznetzwerk streicht die Samtgemeinde den Anbau an den Jugendtreff Müden und beschränkt sich auf eine Bestandssanierung. CDU-Fraktionschefin Ilse-Marie Schmale beklagte Baukosten von 1,2 Millionen Euro für ein vergleichsweise kleines Feuerwehrhaus in Flettmar: „In Hillerse haben wir vor wenigen Jahren für 400.000 Euro größer gebaut.“ Bei den Darlehen profitiert die Samtgemeinde von der häufig geschmähten Null-Zins-Politik: Müsste die Kommune mehr als die für das Gesamtportfolio fälligen 0,6 Prozent für 30 Jahre Laufzeit zahlen, würde es den Etat zerreißen.

Samtgemeindebürgermeister Eckhard Montzka warnte vor einem weiteren Risiko: „Wir können nur hoffen , dass die Automobilindustrie keinen Einbruch erleidet.“ Bei Jobabbau würden die Einnahmen der Kommunen über Einkommensteueranteile massiv sinken. Montzka kündigte politische Initiativen gegen die überbordenden Betreuungskosten an. Noch im Januar 2020 werde mit dem Landkreis über die Kindergartenfinanzierung ab 2021 verhandelt. Außerdem werde die Samtgemeinde „allen Landtagsabgeordneten aufzeigen, wo die Reise hingeht. Die Zahlen sind absehbar.“ Erste Gemeinden führten 104 Prozent ihrer Einnahmen als Umlagen an den Kreis und die Samtgemeinde ab.

Und gerade die Samtgemeindeumlage ist ein Sprengsatz in Meinersen. Aktuell in einem Kraftakt auf unter zehn Millionen Euro gedrückt, dürfte sie bereits 2021 auf 12 Millionen Euro anschwellen, mahnte SPD-Fraktionschef Thomas Böker. „Wir haben ein strukturelles Problem.“ Auch für das „sehr teure Personal“ mit sieben Millionen Euro Bezügen gelte: „Da müssen wir uns unterhalten.“

Zugleich stellte die SPD-Fraktion den nächsten Antrag, den Personalstamm zu erweitern: Die freiwillige Feuerwehr soll einen hauptamtlichen Schirrmeister bekommen, der das Material pflegt. Das wäre die dritte Stelle für die freiwilligen Brandschützer. Darüber wird der Feuerschutzausschuss im Zusammenhang mit dem Feuerwehrbedarfsplan Anfang 2020 beraten.

Den Startschuss für das Rathaus II im sanierten Gebäude des ehemaligen Flüchtlingswohnheims gab der Rat mit vier Neinstimmen. Zunächst soll für 50.000 Euro ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden. Ob die zusätzlichen Büros für knapp unter eine Million Euro wie erhofft Anfang 2021 bezugsfertig sind, das zweifelte nicht nur Samtgemeindebürgermeister Montzka an. Er hätte lieber bestehende Rathaus erweitert. Doch ein Neubau wäre aus Sicht der Ratsmehrheit noch teurer und wäre ebenfalls der Baukostensteigerung ausgesetzt. Zudem würde der schöne Rathauspark beeinträchtigt, den viele Bürger als grüne Lunge schätzen.

Christian Franz